Der Bader Schorschi
Meine Mutter erzählte oft vom Bader Schorschi. Er sei im Krieg geblieben, der Arme. Als Kind konnte ich mir darauf keinen Reim machen und in meiner Vorstellung war der Bader Schorschi ein alter Mann. Ich weiß nicht, woher die Verbindung zwischen der Familie Bader aus München und unserer in Oberammergau stammt. Möglicherweise waren sie Verwandte meines Stiefurgroßvaters Josef Wild.
Der Schorschi hätte am 24. Februar 2023 seinen 100. Geburtstag gefeiert. Im Alter von 20 Jahren ist er im Mittelmeer gefallen. Auf seinem Sterbebildchen steht:
Abiturient der Maria-Theresia-Oberrealschule
Signalgast auf einem Schnellboot
Georg Bader war das einzige Kind seiner Eltern und den geliebten Sohn nicht einmal begraben zu können, muss für die Eltern entsetzlich gewesen sein.
Mich berührt sein Tod sehr, obwohl ich ihn nicht einmal kannte.
Vater Gg. (auch Georg?) Bader, Oberingenieur, stellte am 22.7.1943 einen Antrag zur Vermisstenforschung. Ich habe die Akte vom Bundesarchiv in Berlin übermittelt bekommen.
In der Akte ist vermerkt, dass laut des Internationalen Roten Kreuzes keine Auskunft möglich sei. Der Sohn sei auf einer Transportfahrt im Mittelmeer vermisst. Mehr Informationen gibt es nicht.
Ich sehe auf dem Sterbebild einen sympathischen jungen Mann, rechts als Schüler, links in Wehrmachtsuniform. Er steht für mich stellvertretend für all die jungen Leute, die im Krieg ihr Leben lassen mussten und müssen. Was für ein Verlust.
Kurz vorm Einrücken war er nochmals in Oberammergau, meine Mutter war damals sieben Jahre alt. „Da ist er gesessen“, sagte meine Mutter und deutete auf eine Seite des Küchentisches. „Und dann hat der Schorschi gesagt: Ge Rosl, wartst auf mich“.
Alles Gute zum 100.Geburtstag Schorschi!